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Stellungnahme der RECKEN zur Diskussion über die Videobeweis-Situation

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Das vergangene Auswärtsspiel der RECKEN bei den Füchsen Berlin hat insbesondere durch die letzte Videobeweis-Situation anschließend für viel Gesprächsstoff gesorgt. Die letzte Entscheidung und die damit verbundene Spielfortsetzung per Siebenmeter haben noch in den Folgetagen zu Unverständnis in der Handball-Szene und zahlreichen Anfragen bei den RECKEN geführt.

Um der Vielzahl und Vielschichtigkeit der Anfragen begegnen zu können und den Fokus wieder dem Sport und den bevorstehenden Aufgaben zu widmen, hat sich Geschäftsführer Eike Korsen den gebündelten Fragerichtungen gestellt, bevor am kommenden Freitag mit der SG Flensburg-Handewitt bereits das nächste Top-Team in der RECKEN-Festung gastiert.

  • 1. Wie stellt sich aus Sicht der RECKEN die Situation rund um den Videobeweis aus dem Spiel gegen Berlin dar und empfindet ihr die dadurch ausgelöste Diskussion?

Ganz Handball-Deutschland stellt sich die Frage, was da passiert ist:
Fans diskutieren und kontaktieren uns auf allen Kanälen – und das so gut wie ausnahmslos nur über diese eine Szene des Spiels.
Eine Vielzahl, und damit sportlich unbeteiligter Clubs haben sich bei uns gemeldet.
Wir haben fast pausenlos Presseanfragen erhalten.
Und nicht zuletzt wünschen sich interne Interessensgruppen Antworten.

Am Ende müssen wir mit allem emotionalen Abstand und Respekt vor allen Beteiligten feststellen, dass wir die vielschichtigen Fragen von unserer Seite nicht abschließend beantworten und bisher zu keiner zufriedenstellenden Erkenntnis zur Regelanwendung und -auslegung kommen können.

Aus unserer Sicht bleiben also grundsätzlich Fragezeichen stehen, sowie im Kern die Frage nach dem Learning.
Unser Trainer – und wahrscheinlich auch noch so einige weitere – wird mit der Erfahrung und Analyse der Situation jetzt jedenfalls nicht zu Branko Vujovic gehen und sagen können:
„Das nächste Mal in so einer Situation, verteidige bitte nicht antizipativ, fang den Ball bitte nicht ab und versuch auch nicht in den Gegenstoß zu prellen…“
oder
„Achte bitte in der Hitze des Gefechts und den spielentscheidenden Situationen mit physisch wie psychisch hochanspruchsvollen wie gegneraktionsabhängigen Spielaufgaben vor allem ganz genau auf die Schiedsrichter, ob sie pfeifen, wann sie pfeifen und was sie pfeifen…“
.

  • 2. Wie geht ihr mit der Situation um und wie gehen die RECKEN weiter vor?

Ob wir wollten oder nicht, und das muss ich betonen, mussten wir dieser Frage und allen damit verbundenen Implikationen zwangsläufig nachgehen.
Der Ansturm auf uns, der durch diese Situation ausgelöst wurde, hat uns quasi zu nichts Anderem im Nachgang des Spiels kommen lassen.

Persönlich finde ich das nach einem so fantastischen Handball-Spiel ehrlicherweise sehr schade, da wir viel lieber über die aufopfernde Leistung unserer Mannschaft, die einer auch mental extrem starken Berliner Spitzenmannschaft alles aber auch alles, was dieser Sport zu bieten hat, abverlangt und selbst geboten hat, sprechen wollen.

Daher gehen wir dem nun mit den dafür vorgesehenen Ebenen nach, und tun das ausdrücklich mit allem Respekt vor allen Beteiligten:
In erster Linie den Schiedsrichtern gegenüber, da wir selbst nur zu genau wissen, dass niemand unfehlbar ist, was dem Gefühl für das Spiel und die Spielsteuerung eine ungemein größere Rolle zukommen lässt. Daher haben wir schon vor der Saison auf die mit dem Videobeweis in unserer Anwendung (live in der Halle und im TV) zusätzlichen Einwirkungen auf unsere Gespanne hingewiesen.
Dann den ausgesprochen kollegialen Füchsen, und auch unseren äußerst reflektierten Spielern und Trainerteam, denen für ihren Umgang mit dieser beanspruchenden Situation hohe Achtung gebührt.
Die Art und Weise wie emotional ehrlich und sachlich dieser Dialog von den unmittelbar betroffenen Akteuren auf Berliner Seite und in unseren Farben ab den ersten, noch voll adrenalingeladenen Momenten geführt wurde, hat Smöre und mir persönlich schon imponiert – dieser Sportsgeist steht unserer Sportart verdammt gut.

  • 3. Wie seht ihr die Einführung des Videobeweises?

Unabhängig davon, wie wir den Weg jetzt weiter bestreiten, kommen wir nach den Eindrücken und unausweichlich öffentlichen Diskussionen der ersten Spieltage, sowie der jüngsten, nun selbst betroffenen Erfahrung nicht umhin feststellen zu müssen, dass die Anwendung des Videobeweises bisher noch nicht wie beabsichtigt dazu geführt hat, dass wir zu gerechteren Entscheidungen kommen.

Ich glaube, wenn alle Mitwirkenden ehrlich zu sich selbst sind, hat die Häufigkeit der Hinzuziehung dieser nur in Ausnahmesituationen heranzuziehenden Technik, sowie die damit ausgelösten Diskussionen über die dann getroffenen Entscheidungen bisher wohl auch die kühnsten Unkenrufe der Skeptiker übertroffen.
Klar sind wir nach wie vor in einer sehr frühen Phase mit einer dann wohl doch weitreichenderen und technisch wie inhaltlich anspruchsvolleren Regeländerung als vermutet, die sich noch einspielen muss.
Dennoch sollten uns schon andere Sportarten gelehrt haben, dass der Gesprächsstoff im Kern doch sportlich bleiben sollte – und nicht von unserem eigentlichen Produkt ablenken soll.

Der Videobeweis an sich wird, allein schon ob der weitergehenden Implementierung im Regelwerk auf internationaler Ebene, sowie dem technologiegetriebenen Zeitgeschehen sicher aktuell bleiben.
Allerdings sollten wir uns gerade in der Einführungsphase einem sinn- und zweckbezogenen, kritischen Dialog zur Anwendung nicht verschließen und uns dem Einsatz zur Optimierung unserer Sportart stellen.

  • 4. Wie sehr beeinflusst eine solch emotionsgeladene Situation die kommenden Aufgaben? Es geht ja mit enger Taktung weiter…

Dem Leitmotiv „Fokus auf den Sport“ folgen wir auch selbst, sodass die letzten Minuten des vergangenen Spiels im Kreis der Mannschaft natürlich ein Teil der vor allem emotionalen Aufarbeitung des Spiels war, mit der Rückkehr in den Trainingsalltag an der Stelle jedoch auch abgehakt werden musste, da wir den Fokus ganz auf die bevorstehenden Aufgaben legen, die in unserer Hand liegen.

Die Rolle von Smöre und mir bringt dagegen nun mal mit sich, dass sich die Angelegenheit für uns leider nicht ganz so schnell abhandeln und zu den Akten legen lässt, wie wir uns das persönlich selbst gewünscht hätten – wenn wir unserer Verantwortung gewissenhaft nachkommen und gerecht werden wollen.
Damit sollten wir in unseren Reihen jetzt aber die Einzigen sein, da die Liga schon am Freitag das nächste Highlight bereithält, auf das wir uns mit unseren Fans sehr freuen.

RECKEN-Pressenews 19.09.23